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Georg Brentano und sein Park in Frankfurt-Rödelheim - eine Familiengeschichte / Kapitel VII.

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Uns fünf Kinder zu kleiden wurde auch immer mehr zu einem Problem. Zum Glück gab es in dem großen Haus viele Gardinen, Tischdecken und auch gute Wollstoffröcke, aus denen z.B. Hosen für Bernd und Franz-Josef genäht werden konnten. Ich war in der glücklichen Lage, zwei Erblasser zu haben, meine beiden Schwestern. Ich glaube, ich war 15 oder 16 Jahre, als ich den ersten neuen Mantel bekam. Am schwierigsten war es natürlich mit den Schuhen. Obwohl die Großmamá fast gar nicht mehr ausging, war lange Zeit ein Schuhmacher aus Straßburg gekommen und hatte ihr ein Paar neue Stiefelchen maßgearbeitet. Da standen sie nun die schönen Stiefelchen, die niemand passten, weil die Großmamá einen sehr kleinen Fuß gehabt hatte. Außerdem waren es Knopfstiefelchen mit 10 kleinen Knöpfen am Schaft hoch. Eine Weile musste ich sie tragen, bis sie auch mir zu klein wurden. Ich hatte einen winzigen goldenen Fingerhut geerbt, der wurde nun eingetauscht und ich bekam ein paar wunderbare Halbschuhe. Einmal löste sich die Schuhfrage auf andere Art: Franz-Josef brauchte dringend neue Schuhe und außerdem war es Josefstag, einer seiner Namenstage, an dem er doch irgend eine Freude haben sollte. Und siehe da, mit der Post kam ein Brief mit einem 10,00 Markschein ‚für den kleinen Franz-Josef’. Die Verkäuferin wunderte sich sehr, warum der kleine Junge unbedingt die billigeren Schuhe haben wollte. Es blieb dann noch das Geld für den so heißgewünschten Ball übrig.

Im Krieg hatte die Mutter mitgearbeitet bei der Mittelstandshilfe. Nun bekam sie selber Scheine für den verbilligten Bezug von Lebensmitteln. „Angenehm war das natürlich nicht“, schreibt die Mutter, „das Holen blieb ein saurer, mühsamer Gang, aber man war doch froh darüber“. Waren es diese Lebensmittel, die in Bockenheim abgeholt werden mussten, oder machte die Mutter den Weg dorthin, weil es dort billigere Einkaufsmöglichkeiten gab, jedenfalls lief sie nach Bockenheim zu Fuß hin und zurück.

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