Georg Brentano und sein Park in Frankfurt-Rödelheim - eine
Familiengeschichte /
Kapitel VII.
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Das weitläufige Wohnen hielt nicht lange. Die Inflation machte sich mehr und mehr bemerkbar. War schon durch das Zeichnen von Kriegsanleihen viel Geld verloren gegangen, so tat die Inflation das Übrige. Im Winter saßen wir alle zusammen in unserem großen Wohnzimmer, dem Kapellenzimmer, so genannt, weil zu Lebzeiten der Großmamá dieser Raum als Hauskapelle eingerichtet war. Es war ein schöner großer Raum mit drei Fensternischen, in der einen stand der Nähtisch unserer Mutter, in einer anderen war der Platz von Annemarie und in der dritten Nische habe ich jahrelang gesessen und meine Schulaufgaben gemacht. In der Mitte stand der große Eichentisch, an dem acht Personen Platz hatten. Und außerdem war noch Platz für ein großes Büfett, eine Anrichte, ein Büchergestell, ein kleines Sofa mit Tisch und Sessel, und vor allem stand dort auch der schöne grüne Kachelofen, der behagliche Wärme spendete. Aber für meinen Vater brachte dieses enge Zusammenwohnen ein unerträgliche Nervenbelastung. Es war für ihn sehr bitter, daß er das von ihm sehr geliebte Haus – ich möchte sagen, daß dieses Haus für ihn zum ersten Mal ein „Zu Hause“ gewesen war – nicht in Stand halten konnte. Die Läden hätten gestrichen werden müssen; das empfindliche Schieferdach mit seinen komplizierten Dachgauben konnte nur notdürftig geflickt werden. Wir Kinder waren des Vaters Klagen recht überdrüssig.
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