Georg Brentano und sein Park in Frankfurt-Rödelheim - eine Familiengeschichte / Kapitel III. | |
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Die Flüchtlinge hatten keinen besseren Zufluchtsort gewußt als das Haus ihrer Schwester Loulou, verheiratete Jordis, in Kassel. Loulou schreibt an Georgs Frau Marie,
sie möge doch bitte Garderobe von Clemens und Christian schicken,
"die beiden Brüder toben fürchterlich in dem Jordis seiner
Garderobe, auch stehen ihnen die geborgten Sachen nicht sehr graciös -
die Riesenbeinkleider und Westen von meinem ansehnlichen Jordis! Ich möchte
beinahe lachen, wenn mir auch mehr zum Weinen ist. Mit dem Christian ist
es wirklich so, wie ich vermuthete, nehmlich der Clemens hat ihn im
letzten Moment gerufen, als nichts mehr zu redreßiren war. Er hatte nicht
einmal Zeit seinen Hut zu holen ...." Ob die Sache zum besten geführt wurde,
da eine katholische Trauung stattfand? Es kam schon bald zur Trennung und
Scheidung. Aber auch später hat Clemens seinen Geschwistern oft Verdruß gemacht, vor allem durch seine Bekehrungsversuche. Er führte ein Köfferchen mit blutgetränkten Binden der Katharina Emmerich mit sich, worüber sich Bettina mit Recht empörte. Auch das dauernde sich selbst Bemitleiden und seine Fähigkeit sich überall einzunisten, scheinen mir recht unsympathische Eigenschaften gewesen zu sein. Nach Rödelheim kam Clemens nur selten, gerade wenn ein Familienfest dort gefeiert wurde. Und er berichtete dann mehr über seinen großen Einsatz und seine ungeheuren Anstrengungen zur Gestaltung des Festes, als über die Schönheiten, die Rödelheim bot. Er, der sich besonders große Taschen in seine Jacke arbeiten ließ, um möglichst viel Lebensmittel eigenhändig zu Armen oder Kranken bringen zu können, hatte wohl keinen Sinn für Lebensstil seines Bruders Georg.* *Um
Mißverständnisse vorzubeugen: ich kritisiere hier nicht den romantischen
Dichter Clemens Brentano, sondern nur sein Verhalten seinen Geschwistern
gegenüber. |